Das Herzstück einer Car-Hifi-Anlage ist das Autoradio, auch Headunit genannt. In den ersten Jahren seiner Existenz bestand dies lediglich aus einem Mittelwelle-Radio, einem kleinen eingebauten Verstärker und einem Mono-Lautsprecher im Armaturenbrett. Seither hat sich viel getan. Erst kam zur Mittelwelle noch UKW, dann irgendwann Stereophonie und ein Audiokassettenplayer. In den 90ern kamen die ersten CD-Laufwerke und dann die CD-Wechsler hinzu. Langsam aber sicher wurde klar, dass trotz der auf 2x25W aufgepumpten internen Verstärker so mancher Enthusiast mehr Lautstärke und mehr Bass wollte. So kamen irgendwann noch Vorverstärker-Ausgänge für die Ansteuerung externer Endstufen hinzu. Als die Radios dann auf zwei Höheneinheiten anwuchsen, kamen findige Entwickler auf die Idee das, gerade für die kommerzielle Nutzung freigegebene, GPS für Navigationssysteme zu verwenden. Dies wurde dann in Radios mit großem Display integriert. Als sich das MP3-Format als Standard für die Wiedergabe von Musik durchgesetzt hatte, war klar, dass künftig alle Autoradios auch Musik von USB-Sticks, oder direkt vom iPod, abspielen können müssen.
Heutzutage sind Headunits aller Hersteller regelrechte Minicomputer. Sie sind teilweise mit 8-Core Prozessoren ausgestattet und laufen fast durch die Bank auf Android Systemen – manche mit offenem OS, andere haben herstellerbezogene Editionen die speziell für die Autoradios umprogrammiert wurden.
Wie bei Allem gibt es etablierte Marken und günstig produzierende Billighersteller. Die gängigsten Player bei den normalen 1-DIN-Autoradios sind Kenwood, Clarion, Sony und JVC. Die Top-of-the-Line Geräte kommen von Pioneer und vor allem von Alpine. Top-Naviceiver (2-DIN-Radios mit Navi) gibt es zwar auch von Kenwood, Pioneer und Alpine aber der Platzhirsch ist hier klar Zenec.
Zunehmend drängen aber Hersteller aus China auf dem Markt die ihre Radios mit normalen Android-Editionen von Tablets austatten. Sie bedienen sich also 1:1 wie Android-Tablets. Lediglich die Anschlüsse auf der Rückseite unterscheiden sich von einem normalen Tablet. Hier gibt es Geräte bereits ab einem Neupreis von 60,-EUR. Hier sind aber billigste und veraltete Komponenten verbaut. Hersteller wie z. b. Joying liegen in einem Segment zwischen dem Billigschrott und Zenec und liefern für 300,-EUR eine sehr gute Qualität bei einem tollen Leistungspaket.
Unterschieden wird hier zwischen herkömmlichen 1-DIN-Autoradios mit normalen Kristall-Displays und ihren dedizierten Bedienelementen, und sogenannten 2-DIN-Naviceivern mit Android Betriebssystem und Touchscreen.
Erstere sind keine Computer, sondern Elektronik-Geräte. Es gibt sie in günstigen Consumer Varianten zu Preisen ab 190,-EUR. Sie haben günstige Komponenten und sind von der Ausstattung auf die Grundfunktionen beschränkt. Neben der 2x25W internen Endstufe sind da noch die CD- oder eine MP3 Funktion über USB, gibt es einfache Equalizer, Fader und einen einfachen Vorverstärkerausgang. Zuviel intelligente Gadgets kann man hier nicht erwarten. Für mehr Geld gibt es dann preisklassenweise mehr Features. In den Top-Modellen findet man oftmals zu den Grundfunktionen noch digitale Signalprozessoren und Frequenzweichen, mehrfache Vorverstärkerausgänge. Dadurch, dass die Komponenten hochwertiger sind, ist auch die Klangqualität hörbar besser. Der absolute Platzhirsch ist hier Alpine, dicht gefolgt von Pioneer. Das Einzige was bei den echten High-End-Modellen wegfällt sind die internen Verstärker, dazu später mehr.
Bei der Gattung der Naviceiver ist der Aufbau grundlegend anders. Diese Geräte haben nur extrem wenige dedizierte Tasten, dafür aber ein großes Touch-Display. Im Prinzip ist diese Gattung ein Minicomputer der eigentlich von selbst nichts kann. Alles was in diesem Radio als Features zur Verfügung steht, ist in diesem Radio als Software implementiert und wird intern digital generiert. Das hat den Vorteil, dass man nachträglich über Apps und Updates weitere Funktionen hinzufügen kann, die beim Kauf noch nicht verfügbar waren. Mediaplayer, Navigation, Videoplayer, Radio sind also nichts weiter als Apps die auf dem Display ihre eigenen Funktionsknöpfe bereitstellen. Auch
bei diesen Geräten findet sich ein interner 4x50W Verstärker, die Signalführung geht aber intern über das Betriebssystem und die DSP-App. Bei hochwertigeren Modellen gibt es eine DAB+ Funktion, mehrere Vorverstärkerausgänge, Video-Ein- und Ausgänge und mein liebstes Feature: Apple Carplay – eine Verbindung vom Radio zu einem gekoppelten iPhone, um auf dessen Music-Library zugreifen zu können.
Eine Unterkomponente dieser Gattung ist, das 1 DIN Naviceiver. Frühere Modelle hatten in ihrem 1 DIN Gehäuse ein ausziehbares 7" Display. Heutzutage wurden diese aber von 1-DIN-Geräten mit aufgesetztem 10" Display verdängt.
Diese Komponente ist es wert ein paar Worte darüber zu verlieren. Für manche User mögen diese Endstufen eine dankbare Lösung sein um die Originallautsprecher des Autos anzusprechen. Um diese bei ausgeschaltetem Motor zu einem guten Sound zu bewegen reichen diese Verstärker allemal aus. Sobald der Wagen aber über 60km/h macht, sind die Nebengeräusche des Wagens so laut, dass sie dies nicht mehr übertönen können. Die Endstufen laufen dann auf so hoher Leistung, dass diese ziemlich warm werden. Das wirkt sich auf Dauer negativ auf das Display aus und beeinträchtigt auch den Sound. Nun mag man sagen, 25W pro Kanal ist doch nicht schlecht, aber leider ist dies nicht die Sinus-Dauerleistung, sondern die Maximalleistung. Da in so einem Autoradio kein Platz für ein Schaltnetzteil ist, sind Dauerleistungen über 12W pro Kanal nicht möglich. Schaltnetzteile benötigen Platz und sind somit nur in externen Endstufen zu finden. In High-End-Headunits sind diese Verstärker erst gar nicht verbaut, weil man hier sowieso alles über externe Endstufen betreibt.
Wer eine halbwegs vernünftige Car-Hifi-Anlage aufbauen will, der muss seine Lautsprecher über leistungsstarke externe Endstufen "anfahren". Dafür muss ein sauberes vorverstärktes Signal aus dem Radio in die Endstufe übertragen werden. Dies geschieht über die Cinch-Anschlüsse der Vorverstärkerausgänge. Die höherpreisigen Modelle haben davon mehrere Paare um die Lautsprecher für Front, Rear und Subwoofer getrennt mit Mehrkanal- oder separaten Endstufen anfahren zu können. Diese Ausgänge lassen sich dann vom Radio separat in Lautstärke, Balance, und wenn ein digitaler Signalprozessor vorhanden ist, sogar in ihrer Laufzeit steuern. Ob die Anschlüsse fest ins Radiogehäuse eingebaut, oder als Kabelpeitschen ausgeführt sind, ist von Hersteller zu Hersteller verschieden. Wichtiger Hinweis zu Cinch: viele sagen dazu "Tschintsch", es wir aber nicht Chinch sondern Cinch geschrieben, und spricht sich scharf "Sinsch".
Ein Digitaler Soundprozessor ist eine mehrstufige Signaleinheit mit der das Audiosignal gesteuert und geroutet werden kann. Zum DSP gehört nicht nur ein Equalizer, sondern auch eine Frequenzweiche mit der die Signale der einzelnen Vorverstärkerpaare von bestimmten Frequenzen abgetrennt werden können. Man sorgt hier dafür, dass die Lautsprechergruppen nur die Teile des Frequenzspektrums bekommen, für die sie konzipiert sind.
Eine weitere Funktion ist die Laufzeitkorrektur. Sitzt man auf dem Fahrersitz ist die Entfernung zum linken vorderen Lautsprecher kürzer als die zum hinteren rechten Lautsprecher. Somt kommen theoretisch alle Schallwellen aus den unterschiedlichen Lautsprechern im Wagen zeitversetzt an unseren Ohren an. Theoretisch würde man aber wollen, dass alle zeitgleich ankommen um das perfekte Sounderlebnis geniessen zu können. Dazu muss man die Abstände zu den Lautsprechern vermessen und diese Distanzwerte manuell in das System eingeben. Anhand dieser Werte korrigiert die Laufzeitkorrektur die Startzeit der einzelnen Kanäle so, dass die Signale zeitgleich ankommen können. Auch diese Funktion liefert hörbare Verbesserungen, die aber so minimal sind, dass sie von normalen Hörern zu vernachlässigen sind.
Da scheiden sich die Geister. Das ist eine Religionsfrage. Die Audio-Puristen sind sich sicher, dass in der rein digitalen Signalführung der Naviceiver und Android-Radios Klangqualität verloren geht, weil aufgrund des hart begrenzten Frequenzbereich von 20-20.000Hz feinste Klangnuancen abgeschnitten werden. Da nehmen sie gerne auch in Kauf, dass sie auf viele Komfort-Funktionen verzichten müssen. Ich bin jetzt nicht komplett taub und ich habe diese feinen Nuancen nie wirklich rausgehört. Da ist auch viel Esoterik dabei :-)
Andere Leute sind nicht ganz so puristisch unterwegs und legen eher Wert darauf, auf der Headunit auch navigieren und Videos anschauen zu können.