Fahren mit dem Wohnmobil ist bei uns eigentlich Familiensache. Wir genießen in der Regel unsere Urlaube gerne zusammen, aber das Gebastel am Cruisemobile hat in mir schon ein bisschen den
Abenteurer geweckt. Mich hat schon sehr lange interessiert wie weit man mit unserem Womo kommen würde; wie es sich anfühlen würde mal so richtig Strecke zu machen. Dazu kommt, dass meine Mädels
nicht so abenteuerlustig sind wie ich und auch nicht so gerne ins Blaue fahren wollen. Sie wüssten immer gerne vorher ob der Ort an dem wir ankommen unseren Ansprüchen entspricht. Das sollte sich
doch kombinieren lassen. Go!
Was bei so einer Fahrt immer schön ist, wenn man das mit einem Kollegen zusammen machen kann. Da kam mir von Beginn an mein guter Freund Martin in den Sinn. Ein richtig feiner Kerl der mir schon bei so manchem Projekt treu zur Seite stand. Außerdem ist er jemand der sich in den letzten Jahren als sehr guter Freund in mein Herz geschlichen und mein Vertrauen gewonnen hat. Mit ihm zusammen kann so eine Reise nur gut werden. Ich muss ihm nur seine miesen Flachwitze austreiben, dann ist alles bestens. Er fand die Idee auch super und so einigten wir uns letztes Jahr auf Tromsö, Norwegen als Ziel. Im letzten Jahr kam diese Fahrt nicht mehr zustande, weshalb wir dieses Jahr einen neuen Anlauf genommen hatten. Bei der Planung mussten wir allerdings
feststellen, dass die Strecke nach Tromsö in dem von uns anvisierten Zeitfenster nur unter extremem Fahrstress zu schaffen wäre. Auch unser alternatives Ziel, Gibraltar, würde uns auch zu viele
Kilometer pro Tag abverlangen. Also einigten wir uns auf eine Italien-Rundreise. - über die Riviera nach Tropea und dann nach Bari um danach die Adria wieder hochzufahren. Das war ein
realistisches Ziel mit ca. 400km pro Tag. Das war ein Reiseziel das wir beide gut fanden. Also war das entschieden. Wir haben dann die komplette Strecke in Teilabschnitte unterteilt und an den
jeweiligen Orten mal grob nach Stellplätzen geschaut. Der Zeitraum in dem wir fahren wollten, entpuppte sich als saisonfreie Zeit; so ziemlich alle Camping- und Stellplätze waren geschlossen. Es
lief also alles auf Freistehen hinaus. Deshalb musste die Technik zu 100% funktionieren, damit wir jederzeit unsere Wägen voll nutzen könnten. Wir einigten uns darauf in Martins Wagen zu kochen,
da bei mir keine Küche mehr eingebaut ist. Außerdem war klar, dass wir während der Fahrt in der Lage sein müssten per Funk zu kommunizieren. Gut, dass ich mir gleich damals beim Ausbau zwei sehr
gute Baofeng Walkie Talkies gekauft hatte. Die haben eine ordentliche Reichweite und gute Sprachqualität.
Dann konnte es von Nürnberg losgehen. Bevor wir losgefahren sind, habe ich noch den Elgena-Boiler über 12V eingeschaltet um während der Fahrt über die Lichtmaschine das Wasser zu erwärmen. Unser erster Stop war in Holzkirchen. Martin wolte abends noch eine Trommel Wäsche waschen, weshalb wir dort bei einem Open-air-Waschsalon noch Halt gemacht hatten. Während die Wäsche in der Maschine war, haben wir erstmal Abendessen gekocht. Nachdem wir die Wäsche geholt hatten, sind wir zu unserem Nachtplatz auf dem Parkplatz eines Klosters gefahren. Ein sehr ruhiges und wunderschönes Plätzchen für die Nacht. Dort konnte ich mit dem Warmwasser herrlich duschen. Das war absolut klasse. Das nahm ich mir jetzt für jeden Abend vor. Ich durfte nur nie vergessen während der Fahrt den Boiler laufen zu lassen.
Am nächsten Morgen fuhren wir erst zum Bäcker um uns Wegverpflegung zu holen. Danach fuhren wir über die Landstraße Richtung Brenner. Ich hab dann das Trennrelais geöffnet um die neue Lithium Aufbaubatterie wieder auf 100% zu laden. Diese war nach der Nacht durch Dieselheizung, Kühlschrank und TV bei 92%. Wir fuhren los und ich hatte immer wieder die Victron App im Auge um zu sehen was sich da tut. Kurz nach dem Aktivieren des Trennrelais flossen knapp 50A an die Batterie. Es dauerte wirklich nicht lange bis die Stromstärke wieder runter ging und der Shunt 100% anzeigte. Wahnsinn. Die Fahrt selbst war sehr entspannend. Die Landschaft auf dem Weg zum Brenner war atemberaubend. Wir hatten perfektes Wetter mit strahlend blauem Himmel. Die Berge waren beindruckend und die Bergseen lagen in schönstem Blau vor uns wie Murano-Glas. Perfekter hätte unser Auftakt kaum sein können. Alle Nase lang konnten wir es uns nicht verkneifen auszusteigen um die unglaubliche Natur zu bestaunen.Mit offenem Fenster konnte man die Natur nicht nur bestaunen, sondern auch die kühle klare Luft riechen. Was das Tolle an der Route nach Italien ist, ist die Tatsache, dass man während der Vorfreude auf das Meer durch unglaubliche Bergwelten fährt und dies umso mehr genießen kann, wenn man weiss, dass man Tage später den Ozean sehen kann. Das ist für mich die perfekte Kombination von Urlaub, weshalb ich Italien als Reiseziel liebe! Die engen Bergstraßen wanden sich um Bergessen und weite Wiesengründe. Die Kulisse war wie aus dem Fernsehen, was wohl auch unzählige Radsportler gewusst haben, denn die Strecke war voll mit Radsport-Teams.
Als wir uns auf den Brenner hochgearbeitet hatten, standen wir plötzlich vor dem Brenner-Outlet. Da Martin ihn nicht kannte, haben wir kurz reingeschaut. Danach haben wir uns im Supermarkt Mittagessen besorgt und auf dem Parkplatz direkt Vesper gemacht. Danach fuhren wir runter nach Sterzing um uns im riesigen Spar mit allen notwendigen Lebensmitteln einzudecken. Als wir aus dem Spar raus kamen, wütete plötzlich ein regelrechter Sturm. Das war so derb, dass wir direkt beschlossen auf die Autobahn zu fahren um dem Sturm möglichst schnell zu entkommen. Also visierten wir direkt mal den Gardasee an um danach von dort nach Bologna abzubiegen. Allerdings war dann schon wieder früher Abend und wir suchten uns einen Platz für die Nacht. Den fanden wir ausserhalb von Bologna, wieder neben einem Kloster. Allerdings war das wirklich ein echter, aber kostenloser, Stellplatz mit Entsorgung und Frischwasser. Nach dem Abendessen haben wir uns noch etwas unterhalten und gingen dann müde in unsere Kisten. Vor dem Schlafen konnte ich wieder duschen. Das war so entspannend, nach dem Fahren SAUBER ins Bett zu gehen und nicht so "männermäßig" rumzuasseln. Der Platz war sehr einfach, aber es war nachts ruhig und am nächsten Morgen konnten wir Wasser ablassen, Klo entleeren und Frischwasser nachtanken. Somit war dann auch das Duschwasser der letzten Nächte wieder auf dem Weg zum Ozean.
Am nächsten Morgen fuhren wir per Landstraße weiter Richtung La Spezia. Die Dörfer auf dem Weg waren alle sehr alt aber auch sehr urig. Wir fuhren durch ein Dorf nach dem anderen und ich genoss jedes Einzelne. Ich hätte ewig so weiterfahren können. Aber irgendwann mussten wir ja ankommen. In Villareggio wollten wir dann auf die Autostrada fahren. Seltsam war, dass die Schranke der Mautstation offen war und wir auch auf Knopfdruck kein Ticket bekamen. Also sind wir erstmal auf die Autobahn gefahren. Wir haben dann wie immer über Funk gesprochen und waren uns einig, dass dies doch seltsam war und wir befürchten mussten, dass wir unfreiwillig Maut prellen würden. Also fuhren wir an der nächsten Raststätte raus um nach Rat zu fragen. Im Tankstellen-Cafe standen schon zwei italienische gelbe Engel bei einem Kaffee die ich dann prompt mit meinem rudimentären Italienisch in unsere mißliche Situation eingeweiht hatte. Man schlug uns vor an der nächsten Ausfahrt rauszufahren um dort den Sachverhalt nochmals zu erklären und dann ein reguläres Ticket zu lösen. Haben wir auch gemacht. Die Dame dort war sehr verständnisvoll und half uns die Sache zu bereinigen. Dann fuhren wir auf der Autostrada mit ordnungsgemäßen Tickets weiter bis Civittavecchia. Von der Autostrada sahen wir bereits die großen Fähren im Hafen und ich bekam mal wieder Sehnsucht nach Schiffen. Martin gönnte mir das Vergnügen und wir gingen im Hafen erstmal Schiffe gucken. Dann haben wir uns in der Hafenkneipe Sandwiches und eine Pizza geholt. Letztere war aber so kollossal Scheisse, dass ich sie nach einem Bissen weggeschmissen habe. Das war absolut furchtbar. Danach fuhren weiter auf der Landstraße und sahen noch sehr viel von dieser schönen Hafenstadt. Klar, im Hafenbereich ist auch Civittavecchia ein Drecksloch, aber je mehr man sich vom Hafenviertel entfernte, desto schöner wurde die Gegend. Die Landstraße war wirklich nur wenige Meter vom Meer entfernt. Es war als könntem an vom Auto aus eine Hand ins Wasser stecken.
Anschließend sind wir nach Grosseto weiter gefahren um uns dort einen Platz für die Nacht zu suchen. Park4Night brachte uns gegen 22:00 Uhr auf einen Parkplatz einer Strandbar direkt am Meer auf dem auch schon ein paar andere einheimische Womos standen. Ich konnte es mir trotz der späten Uhrzeit nicht verkneifen vor dem Essen zum Strand zu laufen. Das Rauschen der Brandung war einfach zu verlockend. Nach der kurzen Stippvisite gings ans Kochen. Heute war ich dran und machte mich sogleich an meinen immer wieder beliebten Tomatenreis. Nach dem Essen waren wir ziemlich Müde. Nur noch Duschen und ab in die Falle. Am nächsten Morgen war ich relativ zeitig wach und war als Erster aus dem Wagen. Der erste Gang führte mich wieder an den Strand. Das Wetter war der Hammer und ich genoss die Ruhe, die Sonne, die klare Luft und den Blick aufs Meer. Danach erkundete ich die Umgebung um unseren Stellplatz herum. Ein generisches Urlaubsdorf das zu dieser Jahreszeit komplett deaktivert war. Das Hotel neben an war geschlossen, und auch sonst gab es nur leere Ferienwohnungen. Es war einfach keiner da. Die beiden anderen Womos waren auch schon aufgebrochen. Dann gab es irgendwann erste Geräusche aus meinem Partnerwagen und der Ruf nach Frühstück wurde laut. Wir sind dann nach Grossete reingefahren und haben erstmal einen Supermarkt angefahren. Dort gab es eine superschöne Parkwiese unter Pinien. Als wir mit unserer Beute zurück zu den Autos kamen beschlossen wir an diesem lauschigen Platz gleich zu frühstücken. Nachdem wir unsere Frühstückseier verputzt und unser Geschirr abgewaschen hatten ging die Fahrt weiter in Richtung Tropea.
Wir sind dann an der Amalfiküste vorbeigefahren. Wir wussten, dass das Fahren dort kein Vergnügen sein würde und Wohnmobile dort eh sehr unbeliebt sind. Deswegen haben wir das einfach umfahren. Wir sind dann auf der Autobahn erstmal bis unterhalb von Neapel gefahren bis wir an einer Raststätte eine Pause gemacht haben. Dort wurde uns zu ersten Mal wirklich bewusst, dass wir auf allen italienischen Autobahn-Raststätten/ Tankstellen eine Entsorgungsstation für Wohnmobile und Reisebusse gesehen hatten. Wir fanden keine die das nicht hatte, das fanden wir grundsätzlich echt super. Das Preisniveau beim Sprit war ähnlich wie bei uns, und auch das Preisgefälle Autobahn/Hinterland ist dort deutlich – allerdings nicht ganz so abartig wie bei uns. Als wir während unserer Rast nochmal Navi und Park4Night gecheckt hatten wurde uns klar, dass der Abstecher nach Tropea irgendwie doch den zeitlichen Rahmen sprengen würde. Vom aktuellen Standort wären das zusätzliche 850km wenn wir nach Tropea weiterfahren würden, anstatt direkt hier in Richtung Bari abzubiegen. Also aßen wir noch kurz was und änderten dann unser Ziel Richtung Bari. Die Autobahnen waren unspektakulär bis wirklich uanansehnlich – manche sogar regelrecht zugemüllt an den Straßenrändern. Da wir zu Beginn der Dämmerung bereits Bari erreicht hatten sahen wir auf dem Weg zum Stellplatz, dass Bari in etwa so furchtbar war wie Paris. Eine Großstadt ohne Budget in der Menschen versuchen ihr Leben zu bestreiten. Von besonderer Ästhetik keine Spur. Dennoch würden wir uns am nächsten Tag mal für eine ausgiebige Erkundung Zeit nehmen. Aber erstmal gings zum Stellplatz. Leider mussten wir feststellen, dass dieser zwar sauber, aber komplett deaktiviert war. Kein Wasser. Keine Entsorgung. Kein Strom. War mir persönlich wieder egal, weil ich wieder warmes Wasser hatte und die Lithium Batterie war auch wieder zu 100% voll. Was will ich mehr. Was etwas genervt hatte was der Regen und dass der wind ganz schön an den Wägen gerüttelt hatte...
Am nächsten Morgen nahmen wir uns vor in Bari zu essen. Nach Bari reinfahren wollten wir mit unseren Kisten allerdings nicht. Also überlegten wir ob wir nicht lieber die Womos auf einem bewachten Parkplatz abstellen und dann mit dem Bus in die Innenstadt fahren könnten. Park4Night schlug uns einen Stellplatz vor und schon waren wir auf dem Weg. Nach ca. 20 min durch die wirklich krass zugemüllte Vorstadt von Bari erreichten wir den "Stellpatz" in einem der Industreiviertel von Bari. Eigentlich mutete es eher wie ein LKW-Schrottplatz an. Das "Büro" war ein Bretterverschlag und der Hof ein Kiesplatz mit allerhand abgemeldeten LKWs, Bussen und altem Baugerät. Nichts desto trotz war der Platz eingezäunt und es gab Personal. Somit fühlten wir uns so sicher, dass wir uns von unseren Kisten beruhigt entfernen konnten. Die ausgerufenen 20EUR für die Nacht waren für uns völlig ok, zumal uns ein Parkplatz in der Innenstadt sicher auch Geld gekostet hätte. Also sind wir zum Bus gelatscht und dann erstmal Richtung Zentrum gefahren. In Zwischenzeit hat das Wetter richtig krass abgebaut. Es war windig, kalt und nieselte etwas. Trotzdem versuchten wir das Beste daraus zu machen und sahen uns die Burg und die gesamte Innenstadt an. In der Altstadt hätte es im Sommer sicher ganz viele Bars und Cafes gegeben, aber zu dieser Jahreszeit war dort auch mehr geschlossen als wir erwartet hatten. Am Yachthafen haben wir dann etwas sehr kurioses gesehen: ein Haus das mit mehreren Spanngurten vor dem Einstürzen geschützt wurde. Das sah sehr seltsam aus. Aber die Strandpromenade an sich war wiederum ganz schön. Als es dann zu regnen begann sind wir in eine Pizzeria eingekehrt. Dort habe ich die größte Pizza meines Lebens serviert bekommen. Die hing ringsum ca 6cm über den relativ großen Teller. Das war ein Mordsding. aber noch beeindruckender war der Geschmack! Die Tomatensoße schmeckte ursprünglich, der Teig aromatisch und der Käse war alles andere als der banale Scheissdreck den man in Deutschland auf die Pizza bekommt. Das war genial. Da wir nun schon mehrere Stunden in Bari unterwegs waren und uns sicher waren alles gesehen zu haben, nahmen wir das sich weiter verschlechterne Wetter zum Anlass doch nicht auf dem Schrottplatz zu übernachten, sondern lieber weiterzufahren. Schließlich war es ja erst 17Uhr als wir wieder bei unseren Kisten waren. Und was sollten wir jetzt noch den Abend und die Nacht auf dem Schrottplatz totschlagen?? Völliger Quatsch. Also suchten wir uns im Navi ein neues Zwischenziel und dies war ein Campingplatz in Manfredonien, direkt am Meer, der wohl geöffnet sein sollte. Da fahren wir hin.
Als wir dort ankamen fuhren wir von der Landstraße rechts ab in Richtung Ufer und kamen dann nach kurzer Fahrt durch ein Steintor und fuhren in eine "Community" ein. Das war wohl irgendwie ein Zusammenschluss aus mehreren Hotels, Ferienhäusern und einem Campingplatz, aber auch hier sah alles verlassen aus. Als wir unsere Kisten vor dem Campingplatztor abstellten und uns umsahen kam uns schon ein Mann entgegen der uns in den Campingplatz reinlotste. Es zeigte uns unsere Stellplätze und wir stellten fest, der Platz war zwar "geöffnet" aber eigentlich noch nicht wieder in Betrieb. Die Sanitäträume waren geschlossen und alle Einrichtungen des Platzes waren abgebaut. Man sperrte uns lediglich ein einzelnes Chalet auf, damit wir uns dort duschen konnten. Ich habe lieber wieder in meinem Wagen geduscht. Danach sind wir runter zum Strand. Dort sah es ehrlich gesagt ziemlich erbärmlich aus. Es sah aus wie nach einer Sturmflut. An der Strandbar war viel demoliert und verrostet und überall waren Bänke und andere Sachen wild umgeworfen. Am Strand selbst lag sogar ein Ölfass im Sand. Irgendwie wollte ich mir unbedingt einreden, dass das erst kürzlich passiert sein würde und die das bestimmt bis zum Saisonbeginn wieder in Ordnung bringen würden. Aber bei näherer Betrachtung bekam ich doch den Eindruck, dass die zwar etwas aufräumen würden aber die Strandbar trotzdem schon seit langer Zeit vor sich hin vergammelt. Denn die Brüche am Stahlpavillion waren krass verrostet. Heisst, diese Bruchstellen waren alt, nicht neu. Egal, der Platz war sehr ruhig gelegen und eigentlich schon gemütlich. Ich habe einfach versucht mir vorzustellen wie er im vollen Betrieb, mit etwas Leben aussehen würde und schon habe ich mich wieder wohlgefühlt. die Nacht war sehr angenehm und wir fühlten uns dort bedeutend wohler als auf dem Schrottplatz in Bari. War also eine gute Entscheidung.
Am nächsten Morgen haben wir erstmal in Ruhe gefrühstückt und sahen den Inhabern zu wie sie bereits anfingen die Gartenmöbel abzukärchern und den Platz auf Vordermann zu bringen. Aber die würden noch richtig viel Arbeit haben bis sie die angepriesenen 4 Sterne wirklich verdient hätten. Wir ermittelten dann auf Google, dass es in der Nähe noch eine schöne Altstadt auf dem Berg von Monte San Angelo geben würde. Also haben wir bezahlt, sind wir in unsere Kisten gestiegen, haben den Inhabern beim Rausfahren nochmal zugewunken, bevor wir dann die wunderschöne Küstenstraße entlang gefahren sind bis wir nach Monte San Angelo ins Landesinnere abgebogen sind. Der Berg war allerdings nicht sehr weit entfernt, denn es ging relativ bald sehr krass nach oben. Die Serpentinen waren sehr eng und steil und es kam eine Spitzkehre nach der anderen. Für mich mit meinem kurzen Radstand war das kein Problem, aber Martins Crafter ist 7m lang, hat einen langen Radstand ünd steht hinten noch weit über. Das sah in den Spitzkehren oft echt sehr knapp aus. Aber wir haben es bis nach oben geschafft und fuhren durch einige putzige Dörfer und genossen den imposanten Ausblick auf das Meer. Als wir in San Angelo ankamen wollten dort direkt den Bezahlparkplatz ansteuern. Kurz vor der Einfahrt sahen wir einen jungen Kerl, einen Händler mit einem Souvenierstand, der uns wild gestikulierend vom Parkplatz weglotsen wollte. Irgendwie kam mir das sehr seltsam vor, weshalb ich Martin über Funk zu verstehen gab er solle unbedingt bis zur Schranke weiter fahren. Martin drückte für ein Ticket und die Schranke ging auf. Ich hielt auch erstmal vor dem Terminal aber die Schranke ging auch nach längerem Warten nicht mehr zu. Der Terminal reagierte nicht, weil ja noch die Schranke offen war. Als mir das Warten zu blöd war mutmaßte ich, dass das Teil defekt sein muss und fuhr ein. Kaum hatte ich meinen Arsch im Parkplatz ging doch diese scheiss Schranke zu! Fuck. Ich stieg aus und wollte von Hand ein Ticket lösen, aber das ging auch nicht. Scheinbar waren da Bodenschlangen vor dem Terminal die nur auf das Gewicht des Fahrzeugs reagieren. Nun beschlossen wir erstmal in die Altstadt zu gehen und wenn wr zurückkommen, würde Martin seine 10 EUR bezahlen, rausfahren um dann nochmal zum Terminal zu fahren um mir ein Ticket zu lösen. Dann würde er direkt wieder zurücksetzen. Ich könnte bezahlen und wäre auch wieder draußen. Tolles Konzept, dazu später mehr.
Der Weg in die Altstadt von San Angelo war nicht weit und bereits die ersten Häuser ließen erahnen, dass sich das doch lohnen würde. Es gab ein altes Castell aber das war nur mit einer Museumskarte zu besichtigen. Das war uns aber doch zu zäh weshalb wir beschlossen weiterzulaufen. Da wir beide hungrig waren haben wir uns in einer Bäckerei erstmal eine Pizza auf die Hand gegönnt. Die war zwar kalt serviert, aber die war sehr lecker. Kein Vergleich zu den Fertigpizzen die sie uns in deutschen Bäckereien andrehen. Also sind wir mampfend weitergelatscht und haben uns San Angelo weiter angesehen. Auch hier war deutlich, dass aktuell wenig Betrieb war und man erst in Monaten mit Besuchern plant. Wir fanden dann über Google eine Kirche in der Grotte. Auf dem Weg hinunter sah man schon, dass diese etwas ganz Besonderes war. Irgendwie war das gruselig aber auch spirituell. Aber in jedem Fall war es sehr sehenswert. Man merkt, dass die Italiener irgendwie beim christlichen Glauben nochmal anders gestrickt sind als wir Deutschen. Die zelebrieren das noch etwas bekloppter als wir. Egal. Wir fanden noch viele kleine Gässchen und genossen die altertümliche und reduzierte Atmosphäre in diesem Dörfchen sehr und wurden dann lediglich durch die aufkommende Schwüle daran gehindert noch weiter zu laufen. Als wir genug hatten sind wir zurück zum Parkplatz um da unsere Strategie in die Tat umzusetzen. Aber da gabs dann noch ein paar Überraschungen.
Am Parkplatz angekommen besprachen wir uns kurz, bevor wir mit Martins Ticket zum Automaten gelaufen sind. Der hat uns dann echt geschockt. Anstatt der ausgeschriebenen 10EUR pro Tag für Camper, wollte dieses Teil 40EUR von Martin. Der ist gleich explodiert und weigerte sich (zum Glück) vehement diesen Betrag zu bezahlen. Wir sahen wohl so iritiert aus, dass ein anderer Parkgast, ein Tempelritter in voller Uniform, uns helfen wollte, aber auch er war relativ schnell mit seinem Latein am Ende. Nachdem wir alles probiert hatten sind wir erst nochmal ins Dorf um irgendwen zu finden der für diesen Parkplatz zuständig ist. Aber es hatte wohl während unseres Rendevous mit dem Automaten gerade die Mittagsruhe begonnen, denn alle Läden, Bäckereien und Restaurants waren plötzlich geschlossen. Es war wirklich niemand mehr greifbar. Es war zum Mäusemelken. Plötzlich sahen wir eine ältere Einheimische und ich fragte sie nach einer Touristinfo oder einer Polizeistation. Sie gab mir zu verstehen, dass es die Touristinfo seit Jahren nicht mehr geben würde, und die nächste Polizeistation drei Dörfer weiter wäre. So eine Scheisse. Auf dem Weg zurück zum Parkplatz sahen wir, dass es direkt am Parkplat eine Pizzeria gab die doch geöffnet hatte. Also sind wir da schnurstracks hin. Ich habe auch dieser Dame mit meinem Italienisch unser Dillema erklärt, worauf hin sie mir erklärte, dass sie mit dem Parkplatz nicht zu tun habe. Sie war aber trotzdem so freundlich und kam mit hinaus zum Automaten. Auch wenn sie nicht verantwortlich war, erkannte sie trozdem den Fehler: wir hatten nicht die Camper-Taste gedrückt. Und wie es immer so ist: kaum macht man es richtig, klappts auch! Sie zeigte mir auch, dass es eine "Ticket verloren" Taste gab mit der ich mir ein Ticket lösen konnte. Dank dieser supernetten Einheimischen waren wir wieder frei und konnten endlich weiterfahren.
Nun näherten wir uns spürbar dem Ende unserer Fahrt. Wir mussten beide in ein paar Tagen wieder arbeiten. Als letzten Stop in Italien haben wir uns Bibione als Übernachtungsort gewählt, aber vorab fanden wir in der Nähe noch eine Kirche auf einem Berg in der Nähe. Dahin wollten wir noch einen Abstecher machen. Der Ort nannte sich Loreto. Wir hatten nicht wirklich was Dolles erwartet, sondern dachten uns, das nehmen wir halt mal so mit. Aber da haben wir uns mal echt getäuscht. Auf der Fahrt dorthin sahen wir schon von Weitem die Kathedrale auf der kleinen Anhöhe. Wir stellten wie beiden Kisten am Fuße des Hügels bei einem Sportverein ab und liefen dann in der leicht schwülen Frühlingswärme den Berg hoch. Das Dörfchen war gar nicht so unansehnlich. Als wir dann oben durch die Burgmauern eintraten sahen wir nach wenigen Metern zwei Türme bei deren Anblick uns sofort klar wurde, dass dies keine popelige Kapelle ist. Das war schon was bedeutsameres. Das bestätigte sich dann auch auf dem Vorplatz des Doms. Man hatte das Gefühl man wäre im Vatikan. Da dieses ganze Gebäude so gepflegt war, wollten wir natürlich auch rein. Da war selbst ich als Agnostiker sofort beeindruckt: wir waren gerade mal ein paar Schritte im Inneren da fing die Kirchenorgel an zu spielen. Der Sound war echt beeindruckend. Die Bässe waren mächtig, aber das war nicht was mich beeindruckte. Es waren die Akkorde die der Organist spielte. Das war nicht der normale deutsche Hosianna-Gebetsbuch-ich-sing-mal-mit-ohne-Text-und-Melodie-zu-kennen-Scheissdreck. Das war richtig musikalisch mit interessanten Intervallen und Harmonien. Als wir tiefer ins Schiff einliefen sahen wir den Organisten und, dass dort ein paar Nonnen herumstanden. Die fingen dann an zu singen. Das war aber auch kein unbedarftes Gottesdienst Zwangsgejaule weil der Nebenmann auch jault. Nein die Nonnen sangen Mehrstimmig. Das war so schön, dass ich innehalten musste. Da hätte ich stundenlang zuhören können. Nun erkannten wir, dass diese Kirche riesig groß war. Im hinteren Teil waren mehrere im Kreuz angeordnete Kirchenschiffe die in der Mitte durch ein Mausoleum verbunden waren. Überall liefen Nonnen und Mönche umher, was uns echt neugierig machte. Nachdem wir wieder draußen waren, googelten wir diese Kirche und fanden heraus, dass in dem Mausoleum das Geburtshaus Marias wieder aufgebaut wurde, nach dem Kreuzritter dies im Mittelalter an seinem Urpsrungsort abgebaut und mit nach Italien genommen haben.
Nun wollten wir uns noch die Altstadt ansehen die direkt vom Kirchenkomplex abging. Dort kamen wir endlich mal an ganz vielen geöffneten Bäckereien, Pizzerien, und Cafes vorbei. Nach dem wir die gesamte Altstadt gesehen hatten, wussten wir wo wir unbedingt einkaufen mussten. Bei einer Pizzeria roch das Essen sehr verführerisch weshalb wir uns dort gleich zwei Pizzen mitgenommen hatten. Als wir uns auf deutsch über das Brot in der Auslage unterhielten, fragte uns der Pizzabäcker mit einem Grinsen im Gesicht, ob wir auch eines haben möchten. Ich willigte ein woraufhin die gesamte Crew zu lachen begann. Wir wissen bis heute nicht warum. War das Brot überhaupt für den Verkauf gedacht? Hätten die da Sandwiches draus gemacht? Wir wissen es nicht. Aber das Abendessen war auf jeden Fall gesichert. Und ich kann vorwegnehmen: es war wirklich sehr köstlich, genau wie die beiden Pizzen. Als nächstes gingen wir noch in ein Cafe wo wir uns noch mit süßen Spezialitäten der Region eindecken mussten. Zwar war das komplette Sortiment verführerisch, aber wir mussten uns für ein paar wenige Dinge entscheiden. Mit unserer Beute setzten wir uns dann erstmal an eine Aussichtsplattform um den Hunger zu stillen und die Aussicht aufs Meer zu genießen.
Dann fuhren wir endlich weiter zum nächsten Stop. Bibione kenne ich wie meine Westentasche, weshalb ich auch wusste wo wir uns hinstellen könnten. Ausserden, wollte ich wissen wie unser jährlicher Urlaubsort ausserhalb der Saison aussehen würde. Das würde auch alles auf der Rundreise Gesehene irgendwie auch in einen gewissen Kontext setzen. Und tatsächlich, als wir abends nach Bibione reinfuhren sah die mir bekannte Gemeinde regelrecht gespentisch leer aus, genau wie die anderen Orte an denen wir gehalten hatten. Bibione war sogar noch eine Spur krasser: die Geschäfte waren nicht nur geschlossen, sondern regelrecht verlassen und die Schaufensteer mit Folie zugehangen. Das hatte ich so nicht erwartet. Das entsprach dem was ich kannte so ganz und gar nicht. Aber der Parkplatz am Strand war so wie ich vermutete, nämlich nicht abgesperrt und ganz ruhig - zumindest bis zum nächsten Morgen. Da war schon ab 7 Uhr reges Treiben. Geweckt wurde ich vom Geräusch schwerer Baumaschinen. Neugierig bin ich nach meiner Morgenwäsche aus dem Wagen um zu sehen was mich da geweckt hatte. Das war echt richtig krass: Fünf Planierraupen begradigten den kompletten Küstenstreifen vom Capalonga bis hinter Bibione. Das sind locker 15km. Da kamen unzählige LKWs mit hunderten Tonnen Sand um den kompletten Streifen wieder aufzufüllen. Gemeindearbeiter haben die am Strand entnommenen Mietschirme mit Hochdruckreinigern wieder sauber gemacht und auch so waren viele kleine Gemeindefahrzeuge unterwegs die irgendetwas zu tun hatten. Das war also die Mechanik im Backend die dafür sorgte, dass im Sommer immer alles wie aus dem Ei gepellt aussah. Es ist also mitnichten so, dass in Italien einfach alles so schön ist wie es ist. Da steckt schon auch viel Arbeit dahinter. Ich war aber nicht traurig, dass wir zeitig weitergefahren sind. Bibione im März fühlt sich an, wie wenn man einen Menschen den man als Fels in der Brandung kennt, an Schläuche angeschlossen auf der Intensivstation besucht.
Ab hier sind wir fast ohne Pause durch schlechtes Wetter zurückgefahren. Wir wollten eigentlich in Arnoldstein noch in ein mir bekanntes Restaurant einkehren um dort deren Backhendl zu essen. Zu unserer Enttäuschung war dies geschlossen. Also sind wir in einem Supermarkt gegangen, holten uns leckere Wurst und Käse und aßen von dem italienischen Brot. Das war auch keine Enttäuschung. Danach ging es Richtung Salzburg. Wir wollten uns mit unserem Freund Murdock treffen. Da der Stellplatz dort total voll war, sind wir direkt zu unserem letzten Stop in Bad Feilnbach, auf den Campingplatz, wo wir zusammen mit unseren Freunden die Nacht verbringen durften. Am nächsten Tag fuhren wir unsere letzte Etappe zurück nach Nürnberg. Es war eine wunderschöne Fahrt.
Ich danke dir, Martin. Du bist mir über die Jahre ein sehr guter Freund geworden. Du hast dich auch bei dieser Fahrt als perfekter Kamerad erwiesen. Mit dir fahre ich bis ans Ende der Welt!
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Wolfgang & Anne (Donnerstag, 11 April 2024 20:08)
Klasse geschrieben und mit ähnlichen Erinnerungen, wie wir fast zur selben Zeit. Italien hat so viel zu bieten....
Martin (Freitag, 12 April 2024 13:29)
Echt schön geschrieben - ich hatte beim lesen gleich wieder die Bilder im Kopf und die dazugehörigen Emotionen auch. Danke, Mark!
Wo wir das nächste Jahr hinfahren, habe ich mich allerdings auch noch nicht entschieden. Ans Ende der Welt bitte nicht, aber sonst bin ich in jedem Fall sehr gerne wieder dabei. Wir hatten echt ne saugute Zeit. Ich sammle inzwischen wieder neue Flachwitze... � Danke für deine Geduld �