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DIY-Sonnenschutz für den Sevel

Wer mich kennt, der weiss, dass wir 2017 unsere Markise selbst neu genäht haben. Bei allem was über normalen Kleidungsstoff hinaus geht, sind herkömmliche Nähmaschinen ziemlich überfordert. Bei Polsterstoffen geht es noch halbwegs, kommen aber wasserdichte, oder kunststoffbeschichtete Textilien ins Spiel gibt das meist ein Desaster. Da ich wusste, dass mein Freund Martin, seines Zeichens Schreiner und auch Selbstausbauer, eine massive Nähmaschine aus DDR-Zeiten am Start hat, war klar wir nähen das zusammen. Seiner netten Einladung, dies bei ihm zu machen bin ich gerne gefolgt. Daraufhin haben wir uns noch unseren

Selbstausbauer-Freund Wolfgang eingeladen und dem gemütlichen, aber trotzdem produktiven, Selbstbauer Wochenende stand nichts mehr im  Wege. Als wir unsere Wagen zu einer Burgstadt aufgestellt hatten haben wir uns erstmal über das tolle Wiedersehen gefreut und den Grill angeworfen. Es gab fränkische und thüringer Bratwürste und frisches fränkisches Bauernbrot.

 

Aber nochmal eine kurze Rückblende eine Woche vor dem Treffen: Bisher hatte ich die original Thermomatten die man mit Saugnäpfen von innen an der Scheibe befestigt. Die hatten aber mehrere gravierende Nachteile. Erstens, die sind groß und brauchen in ihrer Tasche viel Platz weil diese auch mit Dämmstoff gefüttert sind. Zweitens werden sie von innen befestigt, was immer ein mords Gekletter im Fahrerhaus war. Drittens sind die nicht so passgenau – man kann also zwischen den Rändern von aussen reingucken. Und viertens, da die Matten innen befestigt werden, dringt die Sonne durch die Scheibe bis zur Matte vor, d. h. die Wärme ist zu diesem Zeitpunkt bereits im Wagen. Nur aussen angebrachte Matten halten die Wärme auch aus dem Wagen raus, wenn die Sonnenstrahlen vor der Scheibe schon wegreflektiert werden. Also war klar, ich will einen Sonnenschutz der aussen über die Scheiben geht und das nahtlos in einem Stück. Dabei soll er auch die Seitenfenster des Fahrerhauses mit abdecken. Dann bleibt die Sonne draußen, ich muss nicht mehr innen rumfummeln und durch das Nahtlose kann man von aussen auch nicht reinsehen. Da ich nicht vor hatte den Sonnenschutz innen auszupolstern, sollte er zum Zusammenlegen auch relativ dünn sein. Nachdem geklärt war wie der Sonnenschutz aussehen sollte, musste noch das Material besorgt werden. Ich entschied mich für, mit Aluminium beschichteten, Schaumstoff. Erst habe ich überlegt ihn doppelt zu legen und ihn dann zu vernähen, aber selbst das war mir zu instabil. Also habe ich kurzerhand noch einen reissfesten Zeltstoff bestellt, der darüberhinaus auch noch wasserdicht und UV-beschichtet war. Dieser sollte dem Reflektorstoff von der Rückseite her genug Stabilität geben. Mit dem ganzen Kladaradatsch im Gepäck sollte ich voll ausgerüstet sein.

Zeitspung zurück zu unserem Treffen bei Martin: zu allererst musste der Wagen sorgfältig vermessen werden um ein Schnittmuster erstellen zu können. Es war klar, dass der Sonnenschutz aus drei Teilen bestehen würde; dem rechteckigen Teil über der Frontscheibe und zwei trapezförmigen Teilen für die Seiten. Diese würden dann am Schluss, nach dem die Einzelteile fertig sind, zu einem Gesamtteil zusammengenäht. Um später genug Fleisch zum Umnähen zu haben, ergab

sich für uns eine Zugabe von 2cm ringsum bei allen Seiten. Wichtig war mir, dass man die Nähte nicht sieht, also haben wir quasi verkehrt herum genäht und das Ganze dann nach innen umgestülpt. Somit liegen die Nähte dann im Inneren. Damit beim Nähen nichts verrutscht haben wir die Stoffe mit Stecknadeln abgesteckt. Da wir davon ausgehen mussten, dass beide Stoffe sich unterschiedlich ausdehnen würden, haben wir das Abstecken in sehr kurzen Abständen ausgeführt. Nun haben wir nur noch einen kurzen Test mit zwei Verschnittstücken gemacht und dann haben dann auch schon das große rechteckige Teil für die Frontscheibe genäht. Es war gar nicht so leicht das sauber hinzubekommen. Schaumstoff wie auch Zeltstoff waren für den Vorschubschlitten nicht ganz vorteilhaft, weshalb ein Großteil des Vorschubs durch Ziehen von Hand passieren musste. Da man das aber nicht so exakt kann wie eine Maschine sieht man das in der Laufweite des Stichmusters. Das war mir persönlich aber weniger wichtig, da man das im umgestülpten Zustand eh nicht sehen würde. So nähten wir dieses Frontteil erstmal fertig.

Nun mussten wir aber sicher gehen, dass wir durch das Nähen nicht zu kurz wurden. Also haben wir das gute Stück erstmal testweise auf den Wagen gepackt und nachgemessen. Wir lagen in unserer Planung richtig und unsere Maße für die Seitenteile stimmten nach wie vor. Besondere Aufmerksamkeit bekam hier auch die Länge der Schräge, die mit dem Seitenmaß des Frontteils identisch sein musste.

Als Nächstes haben wir uns an die Seitenteile gemacht. Hier war nur die Besonderheit, dass diese an den Spiegeln ausgespart werden mussten. Nachdem wir diese genau rausgemessen hatten haben wir die Aussparungen mit dem Cutter herausgeschnitten. Beim Zuschnitt haben wir immer nur den Iso-Stoff vermessen und zugeschnitten und diesen dann für den Zeltstoff als Schablone verwendet. Somit waren wir uns sicher, dass die Teile perfekt zusammenpassen. Diese Seitenteile dann zu vernähen war natürlich wesentlich fummeliger als bei der simplen rechteckigen Front, aber auch das meisterte Martin mit Bravour. Beide Teile hatten wir dann auch recht flott.

Nun mussten die drei einzelnen Teile nur noch zusammengenäht werden um eine Haube daraus zu machen. Da ich parallel nichts mehr hatte was ich während des Nähens zuschneiden und abstecken musste, konnte ich Martin dabei helfen das riesige Stoffungetüm beim Nähen zu bändigen in dem ich es mit dem Vorschub mitführte. Da nun die Stoffdichte quasi doppelt war, hatte die Nähmaschine echt zu tun. Das hörte man ihr auch an, dennoch kämpfte sich dieses alte DDR-Schlachtross souverän durch den Kunststoff. Aber das eigentliche Problem mit dem wir zu kämpfen hatten war tatsächlich nicht die Maschine, sondern der Faden. Für den war die Belastung doch enorm weshalb er nun immer wieder abriss. Das verlangte uns doch tatsächlich einiges an Geduld ab weshalb sogar der gutmütige Martin immer wieder mal einen wütenden Schrei von sich gab. Aber wir haben es dann doch  geschafft und das Endergebnis sah in der Tat viel besser aus als ich es mir erhofft hatte. Da waren keine eingenähten Falten, keine hässlichen Nähte und es war auch nichts verzogen. Das Endergebnis sah prima aus. Also testeten wir nochmal!

Mannomann, das Teil passte einfach super. Es schmiegte sich an der Sevelfront richtig gut an. An diesem Tag war es relativ sonnig. Als ich in den Wagen ging, merkte man sofort, dass die massive Wärmeeinwirkung von vorne merklich eingedämmt war. Das war einfach super. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch damit geplant die Haube an der Seite einfach mit Magneten, die ich noch besorgen würde, am Lack zu befestigen. Dann hatte ich die Idee: an meinen aktuellen Dämmmatten hatte ich doch die Saugnäpfe gegen Schraubsaugnäpfe ersetzt. Diese würden sich hervorragend eignen um die Haube am Lack festzusaugen. Auf einem Teststück habe ich testweise eine Öse eingestanzt, doch leider musste ich feststellen, dass der Stoff zu elastisch war und sich deshalb das Loch so verzog, dass die Öse einfach rausfiel. Martin hatte die Idee an der Stelle Panzertape aufzubringen. Das würde die Elastizität an der Stelle stark verringern. Das war der Gamechanger, denn nun hielt die eingestanzte Öse stabil. Also haben wir auf diese Weise vier Ösen in die Enden der Seitenteile gestanzt um dort die Saugnäpfe einzuschrauben. Mit diesen hielt die Haube super stabil am Wagen. Auf der Scheibe wird der Stoff im unteren Bereich von den Scheibenwischern gehalten.

Das war wieder einmal ein Projekt, von dem ich voll überzeugt bin. Zwar kann man diese Teile auch fertig kaufen, aber die sind in meinen Augen extrem teuer und dann auch wieder innen gefüttert, was sie im zusammengelegten Zustand extrem platzraubend macht. Mein Sonnenschutz hingegen lässt sich zu meiner Überraschung noch viel kleiner zusammenlegen als ich mir das erträumt hätte. Letztendlich passt das Teil in einen Spalt in meinem Heckfach, den ich sowieso nicht anderweitig nutzen könnte. Das macht meine Freude darüber noch viel größer. Und das Ganze noch in der Gesellschaft meiner zwei Freunde zu basteln, hat die Sache nur noch abgerundet. Super Sache.

 

Nachtrag 26.6.2022:

Der Sardinien-Urlaub ist vorbei und ich muss sagen das Teil tut was es soll. Es blieb kein Stück hinter mienen Erwartungen. Wir haben uns über den extra Stauraum gefreut, den wir zur Verfügung haben seit wir die alten Isolatoren nicht mir mitführen müssen. Das Teil hält die Wärme echt sehr gut aus dem Wagen – zumindest, das was vorne durch die Scheiben des Fahrerhauses reinkäme. Die einzige Sorge war noch, dass evtl die Saugnäpfe bei Wind nicht standhalten würden. Auch das kann ich hiermit entkräften. Auf Sardinien war es stellenweise sehr windig und trotzdem hielten die Saugnäpfe gut am Lack, vorausgesetzt die Stelle am Lack war staubfrei und die Saugnäpfe vor dem Aufbringen angefeuchtet.

 

Ich liebe dieses Teil!

 

Die Komponenten die ich verwendet habe, sind:

15,- 5m Iso-Schaumstoff alubeschichtet (ebay)

25,- 5m Zeltstoff, UV-beständig und wasserdicht (ebay)

 

Reste:

Ösen, Faden (von Martin)

Saugnäpfe (aus meinen alten Matten)

kleine Stücke Panzertape

 

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