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Urlaub im Lockdown 2021

Wäre ich ein schadenfroher Mensch würde ich mir aktuell voll ins Fäustchen lachen. Ich würde all denen die mich damals mit meinem Wohnwagen, oder nun mit Wohnmobil, für asimäßig gehalten haben, entgegenschreien, dass ich jetzt, wo alle Hotels und Unterkünfte geschlossen sind, trotzdem schöne Tage verbringe – unterwegs wohlgemerkt! So nachtragend bin ich natürlich nicht. Aber, trotzdem sehe ich natürlich, dass sich das Selbstausausbauen aktuell voll auszahlt.

Es ist wirklich so, jahrelang habe ich mir immer wieder so ziemlich jedes Klischee anhören müssen: Camper kacken in den Wald, sitzen nur auf dem Campingplatz und machen nix ausser kochen und hässliche Klamotten tragen, sie kippen überall ihr Wasser weg und machen nichts als Dreck.

Natürlich gibts bei allem was wir machen immer ein gewisses Klischee und auch nur das nimmt der Großteil, welcher mit der speziellen Materie nicht vertraut ist, wahr – so eben auch beim Camping. Aber es ist bei weitem nicht jeder Camper eine Pottsau. Dachte ich selbst noch vor 15 Jahren, dass eine Chemietoilette eklig wäre, so weis ich heute eben auch, dass diese beim Entleeren tatsächlich nicht nach "Scheisse" riecht und bei Weitem nicht so widerlich ist, wie man sich das als Laie vorstellt. Im Gegenteil, das ist tatsächlich einer der Aspekte den ich gar nicht schlimm finde.


Aber ich persönlich finde auch, dass so manche Camper unbedingt mal einen Camping-Knigge lesen sollten, da ihnen nicht bewusst zu sein scheint, was wir Camper in der Öffentlichtkeit für einen beschissenen Ruf haben. Corona-Auswüchse wie in 2020 in Garmisch, wo auf öffentlichen Parkplätzen wilde Müllberge entstanden sind, sind sicherlich nicht nur auf Camper zurückzuführen. Wenn aber einige Camper glauben auf just diesen Parkplätzen ihre Markise ausfahren zu müssen um dort die volle Bestuhlung aufzustellen, wundert es mich nicht, wenn alle glauben, dass sie es waren die den Müllberg verursacht haben – schlicht und einfach weil es zu dem Bild des hemmungslosen Hausens passt. Was manche Camper da glauben für Rechte zu haben, ist für mich nur schwer nachvollziehbar.  Der Schaden der dabei für die gesamte Community entsteht ist enorm und alle müssen das ausbaden in dem sie von wunderschönen Plätzen wegeschickt werden obwohl von ihnen kein Schaden ausgeht.

Das erschwert die Situation während dem Corona-Lockdown noch mal. Gäbe es trotz den geschlossenen Campingplatzen noch genügend Orte wo man sich ruhig und ohne Aufsehen hinstellen könnte, haben einge Ortsnassässige einfach zu viele schlechte Erfahrungen gemacht, dass es einfach gleich im Vorfeld Platzverweise gibt. Selbst wenn man beteuert keinen Lärm zu machen, nichts zu beschädigen oder seinen Müll wieder mitzunehmen darf man vielerorts nicht mehr stehen. Das heisst aber nicht, dass es unmöglich ist. Wichtig ist gleich zu Beginn, unauffällig zu bleiben. Wer nicht als Camper erkannt wird, der wird nur als Parkender wahrgenommen. Wer also ab dem Abend vor dem Wagen kein großes Zinnober veranstaltet und auch die Verdunklungsrollos so zuzieht, dass kein Licht nach draußen dringt, kein lautes Geschrei hörbar ist, der wird schön unterm Radar bleiben. So haben wir es dieser Tage in Rothenburg ob der Tauber, Ansbach und Heidelberg gemacht. Zwar waren das alles nur Tagestrips mit jeweils einer Übernachtung, aber das fühlt sich zu Corona-Zeiten wie ein Jahresurlaub an. Da diese Ziele zu Zeiten unseres Besuchs jeweils Niedrig-Inzidenz-Gebiete  waren, konnte man dort in den Einkaufspassagen pulsierendes Leben mit (eingeschränkten) Shoppingmöglichkeiten genießen. Das tat dem Vergnügen aber keinen Abbruch. Das war regelrecht befreiend für den Kopf. Wir haben uns dabei zu jeder Zeit an bestehende Regeln gehalten und waren stets alleine unterwegs. Wir haben uns dort also genauso verantwortungsvoll verhalten wie zu Hause auch. Ich sehe unser Cruisemobile im Prinzip wie unsere Wohnung. Wir haben auch die jeweiligen Ausgangsbeschränkungen eingehalten weil wir uns ab der Sperrstunde in unserem Wagen aufgehalten haben.

Das Highlight hatten wir in Rothenburg ob der Tauber erlebt. Zwar waren dort alle Lokale geöffnet, aber nur um dort Essen zu holen. Innen wie aussen gab es keine Bewirtung, weshalb man auf allen Bänken und Treppen der Stadt Menschen sah die Döner, Pizza oder andere Speisen aus Mitnahme-Behältnissen gegessen haben. Das Wetter war zwar sehr schön aber es war doch arschkalt, weshalb wir unbedingt im Wagen essen wollten. Der stand aber leider relativ weit weg. Als wir in einer Bäckerei süße Leckereien für den Nachtisch gekauft hatten, haben wir nach einem guten Lokal gefragt wo es leckeres deftiges Essen gäbe. Dort angekommen empfing uns eine sehr nette Wirtin die uns ganz leckere Essensvorschläge machte. Auf die Frage wie wir unser Essen wohl warm in unser Wohnmobil bekommen würden schlug sie kurzerhand vor den Wagen vor ihrer Türe zu parken; sie würde das Essen dann raus bringen. Genau das haben wir dann auch gemacht. Sie kam dann mit einem riesigen Tablett an die Schiebetur und kurz darauf duftete es in unserer Dinette nach Schnitzel mit Pommes, Bratkartoffeln und Bratensoße. Als ich das Cruisemobile gebaut hatte, habe ich die Dinette natürlich zum Essen eingeplant, aber dass mir dort mal das Essen aus einem Lokal auf deren Geschirr direkt an die Schiebetür serviert werden würde, hätte ich mir nie träumen lassen. Das war einfach ein tolles Erlebnis.

 

Man kann also sehen, dass auch in Pandemiezeiten eine gewissen Art von Urlaub möglich ist. Zwar ist dieser eingeschränkt, aber gerade durch diese Daueraskese wirkt ein Tagestrip wie ein Flug zum Mond. Es ist einfach wichtig dass man auch in solch schwierigen Zeiten das Beste daraus macht, und da ist so ein Wohnmobil einfach super praktisch. Ich würde sagen: alles richtig gemacht!

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