Als ich den Wagen 2018 gekauft habe, dachte ich, dass ich mir dem Wagen gründlich angesehen hätte. Leider musste ich kurz danach schon feststellen, dass mir doch einige Sachen durchgeschlüpft waren und ich einiges einfach nicht bemerkt hatte. So beispielsweise die Risse in der linken Hecktüre. Diese waren sehr klein und in den Blechknicken versteckt. Die waren in meiner Prioritätenlisten aber immer sehr weit unten. Da aktuell Coronakrise ist, habe ich relativ viel Zeit für Liegengebliebenes. Also hatte ich mir endlich mal Zeit genommen diese vermeintlichen Kleinigkeiten zur Brust zu nehmen, zumal dort jetzt auch der Rost nagt.
Da dort anscheinend irgendeine mir nicht verständliche Belastung auf die Tür wirken muss, war klar, dass das nicht einfach mit Spachtelmaße zugeschmiert und lackiert werden kann. Irgendwie muss das Blech wieder verbunden werden. Der erste Gedanke hier war natürlich sofort das Blech zu schweißen. Wer allerdings schon mal geschweißt hat, der weis, dass Blech-Schweißen gar nicht so einfach ist. Da hat man schnell mal ein großes Loch reingebrannt, welches dann noch schwieriger zu schließen ist. Ich traue mir sehr viel zu und Schweißen kann ich im Prinzip auch, aber selber machen schied für mich in diesem Fall aus. Da aktuell auch alle Werkstätten im Lockdown sind, musste eine andere Lösung her. Ich habe mich dann auf meine Ausbildung besonnen und da fiel mir ein Teil meiner Werkzeugmechaniker-Ausbildung wieder ein: Das Löten. Mit dem Löten lassen sich auch extrem stabile Verbindungen herstellen, welche aber weniger destruktiv für das zu lötende Material sind, weil die Temperaturen wesentlich niedriger sind. Man unterscheidet beim
beim Löten zwischen Weichlöten und Hartlöten. Weichlöten kennt im Prinzip jeder aus der Elektronik: man bringt Lötzinn mit einem Lötkolben auf. Das Lot besteht zu einem hohen Prozentsatz aus dem weichen Zinn. Beim Hartlöten verwendet man eher silberhaltiges Lot welches etwas fester ist. Die Temperatur zum Schmelzen des Lots liegt auch etwas höher und wird mit einer Lötlampe gemacht. Im Bereich Löten fehlten mir aber jegliche Näherungswerte und Erfahrungen zur Festigkeit und Stabilität. Deshalb wollte ich nicht direkt an meiner Hecktüre meine ersten Versuche starten und evtl meine Tür verschandeln.
Die Testphase.
Als erstes musste ich herausfinden, wie stabil sowohl die Lötverbindung als auch das Lot selbst, als Werkstoff, sind. Nützt nix, wenn ich das löte und dann bricht mir die Lötverbindung jedes mal von meiner Bruchstelle wieder ab weil diese sich nicht richtig mit dem Blech verbindet. Auch wäre das alles sinnlos, wenn das Lot selbst in sich zu instabil wäre und die Lötstelle immer wieder im Lot aufbricht. Also habe ich mir zwei Vierkantrohre genommen und diese blank geschliffen. Nach dem Aufbringen des Flussmittels (Lötfett) habe ich diese mit herkömmlichen Lötzinn großflächig verzinnt. Nach dem Erkalten habe ich veruscht mit Werkzeug unter das Lötzinn zu kommen um dies abzulösen. Weder mit Schraubenzieher noch einer Spachtel war das Lötzinn anzuheben. Auch mehrere Hammerschläge haben lediglich Dellen im Lötzinn hervorgerufen aber zu keinem Zeitpunkt hob sich das Zinn vom Blech ab. Die Verbindung zwischen Zinn und Stahl ist als superfest! Aber wie siehts mit dem Lot selbst aus? Ich habe nun beim zweiten Vierkantrohr auch eine Ende blank geschliffen. Dann habe ich jedes Rohr erstmal einzeln verzinnt, diesmal aber mit einer Lötlampe. Innerhalb von Sekunden ist das Lötzinn sauber verlaufen. Dann habe ich die beiden Rohre Zinn auf Zinn im Schraubstock zusammengespannt und den ganzen Kladeradatsch mit der Lötlampe schön heiss gemacht bis das Zinn geschmolzen war. Dann habe ich alles sauber gebürstet und die Kontaktkanten mit Lötfett eingeschmiert und diese dann auch nochmal heiss gemacht und satt Lötzinn drauf gegeben. Beide Seiten versteht sich. Dann habe ich das Ganze abkühlen lassen. Jetzt wollte ich natürlich wissen wie stabild das ist und wollte versuchen die Rohre an der Lötstelle auseinander zu brechen. Also hatte ich das eine Rohr im Schraubstock eingespannt und am anderen Rohr gezogen. Was soll ich sagen: egal was ich gemacht habe, die Stelle war nicht kaputt zu kriegen. Am Ende hatte sich das Rohr verbogen aber gebrochen ist an der Lötstelle nix!!! Um den Belastungstest ultimativ abzuschließen habe ich dann mit dem großen Fäustel auf die Verbindung geprüft- gib-ihm! Ich hab auf der Stelle rumgedroschen als wäre sie Til Schweiger, aber das hat erstmal gehalten. Erst als ich mir die Stelle als Donald Trump vorgestellt hatte, hab ich die Kräfte aufgebracht mit der ich die Stelle zerknüppeln konnte. Das ist echt erstaunlich stabil. Also, mehr Zuversicht hab ich erstmal nicht gebraucht und mich direkt für das Weichlöten entschieden.
Die Planung.
Da mein Riss von mechanisch aber anders beschaffen ist und auch anderes belastet wird als mein Testaufbau, hatte dieser natürlich nur eine generelle Aussage über das Löten zugelassen. Für mein spezielles Problem brauchte ich noch eine Idee wie ich das Ganze über die schmalen Bruchkanten hinaus stabil verbinden konnte. Der Gedanke war hier von hinten ein Stahlblech mit einzulöten, damit sich nicht nur die Risskanten sondern auch das eingelegte Blech dahinter verbinden können. Leider hat sich nach dem Entfernen der Innenverkleidungen rausgestellt, dass diese Stelle von hinten superscheisse zugänglich ist. Ich sehe die Stelle zwar, aber wenn man keine Unterarme mit 5 Gelenken und mit Durchmesser 3cm hat, kommt man da nicht hin. Das konnte ich also knicken. Also hab ich das halt auf gut Glück ohne Blech gemacht.
Die Reparatur.
Erst hab ich die Stelle blank geschliffen, dann in die Enden des Risses jeweils ein 3mm Loch gebohrt um weiteres Ausreissen zu verhindern – das ist bei Rissen eine gängige Methode, das wenden sogar Schlagzeuger bei ihren Becken an wenn diese einreißen. Dann habe ich den Riss noch etwas aufgefeilt und dann nochmals gereinigt. Nun konnte ich schon das Flüssmittel aufbringen. Was ich in meinem Versuch schon bemerkt habe, ist dass das Lötzinn relativ schnell abkühlt und aushärtet, wenn der Untergrund sehr kalt ist. Da bleibt einem sehr wenig Zeit. Also habe ich das Blech um die Lötstelle mit der Lötlampe etwas vorgewärmt und dann mit meinem größten Lötkolben das Lot aufgebracht. Das ging richtig gut. Dann hab ich alles glatt gefeilt und dann verschliffen. Leider fiel mir durch den Feilstrich dann auf, dass da noch einige Dellen waren. Diese habe ich dann auch gleich noch mit Zinn aufgefüllt bis die abgefeilte Stelle ganz plan war. Damit konnte ich mir sogar das Spachteln komplett sparen. Zinn ist ein hervorragender Korrosionsschutz, aber nicht alle geschliffenen Stellen waren hinterher verzinnt. Also musste noch Rostschutzfarbe drauf. Danach wurde nochmal alles geschliffen. Nach dem Abtrocknen der Grundierung konnte ich den eigentlichen Lack auftragen. Während der Lack trocknen durfte hatte ich mir die Stelle aus Neugier auch mal von hinten angesehen und siehe da, da hatte es das Zinn so richtig rotzig hinten zu einer unschönen Wurst rausgedrückt. Heisst, das kann nicht nach vorne wegbrechen weil das von hinten schön gehalten wird. Optimal.
Klar, das sagt jetzt alles erstmal nichts darüber aus, ob diese Reparatur auf Dauer hält. Was soll ich sagen: Ich habe schließlich zwei Risse und ich hab erstmal nur einen davon gemacht. Jetzt warten wir einfach mal ab wie das in der Praxis bei dem einen Riss hält. Eigentlich gehe ich davon aus, dass es hält. In jedem Falle habe ich dann etwas dazugelernt, weil ich dann weis ob diese Methode funktioniert oder nicht. Sollte sie funktionieren, wird der andere Riss auch genauso repariert. Wenn nicht, muss eine neue Lösung für beide Risse her.
Die Materialien die ich verwendet habe sind:
15,- Kwasny 2K Grundierung und Rostschutzfarbe
12,- Kwasny Fiat Bianchisa Weiß Lac
10,- Schleifpaste- Kreppband
- Schmirgelpapier 200 und 800
- Ein Satz Schlüsselfeilen
- 200mm Stahl Schlichtfeile
- Lötkolben
- Lötzinn (für Elektronik)
- Lötfett (für Elektronik)
- alte Socken
Fazit nach einer Woche:
Nach einer Woche Tür-auf und Tür-zu, ist die Lötstelle tatsächlich wieder gebrochen. Mir persönlich ist echt schleierhaft, was da genau für Kräfte am Wirken sind und warum. Ich mach die Türen ja auch nicht mit dem Vorschlaghammer zu. Aber irgendwie, konstruktionsbedingt, sind das wohl richtige Schwachstellen. Ich frage mich ernsthaft ob es Sinn macht das zu schweißen. Denn, auch wenn die Schweißnähte stabiler sind als die Lötstellen; die Kräfte wirken hier ja trotzdem noch. Das bringt mich zu der Vermutung, dass die Kräfte auf die nächstgelegene weichste Stelle ausweichen würden, was im Prinzip direkt neben der Schweißnaht wäre. Das wäre dann auch ein ewiger Tanz die sich verlagernden Risse solange zu flicken bis die Tür nur noch aus Schweißnähten besteht. Ich denke ich muss dieses Thema erst nochmal gären lassen. Davon diese Stelle zu Löten kann ich aber kategorisch abraten!
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